Sonntag, 10. Juni 2018

Rückenwind ist meine Medizin (von Dorothea Holzmüller)

Du bist gegen mich. Du bist die Krankheit in meinem Leben, die plötzlich da war. Du bist das, was ich bekämpfen muss, tagtäglich.

Am Anfang warst du nur leicht gegen mich, wie ein leichter Windstoß. Ich hätte dich fast vergessen, bis du immer stärker und die Tage immer windiger wurden. Jeden Tag wurde es schlimmer. Jeden verdammten Tag lag ich in meinem Bett und habe gehofft, dass es aufhört. Anstatt dass es milder wurde, ist jeden Tag eine neue Aufgabe, die ich nicht bewältigen konnte, dazugekommen. Es wurde immer mehr, hat sich angehäuft und wie von einer riesigen Windböe wurde ich eiskalt von dir umgehauen. Der Gegenwind war zu stark, um zu kämpfen. Ab diesem Tag wusste ich, dass es nicht mehr besser wird. Ich hatte so Angst vor dieser Zeit. Angst vor dem Druck, Stress, Enttäuschung und Angst, dass es nie mehr so wird wie früher. Ich hatte Angst davor, aus dem Haus zu gehen, weil ich das Gefühl hatte, dass mich jeder anstarrt. Vor allem hatte ich Angst, vor dem, was kommen wird, da meine größte Angst wahr geworden ist: Ich war nicht mehr ich selbst. Kein Gesichtszug, kein Lächeln war echt. Ich war nicht mehr ich.

Aber eines Tages war der ganze Wind stillgelegt, wie Ebbe. Einfach nicht mehr da. Ich war das erste Mal seit langem glücklich, und verwirrt. So verdammt glücklich wieder ich zu sein. Nach etlichen Wochen spürte ich endlich wieder einen Rückenwind. Nicht zu stark, nicht zu schwach, nein, genau perfekt. So als würde mich dieser Rückenwind vor weiteren Tornados beschützen. So als wäre alles wie früher.


(Dorothea Holzmüller, 6B, AHS Zirkusgasse, Wien)